background Koloniale Kontexte

Berliner Universitätssammlungen - koloniale Kontexte

Die Sammlungen der Charité, der Humboldt, der Freien und der Technischen Universität Berlin haben unterschiedliche Vergangenheiten, sie werfen jedoch ähnliche Fragen auf, wenn es im Hinblick auf ihre Entstehung um mögliche Gewaltkontexte oder ihrer Rolle für die Kolonialpolitik des Deutschen Reiches geht. Hier werden die Ergebnisse des Projekts "Forschungsnetzwerk: Koloniale Sammlungen in Berliner Universitäten" im Bezug auf die Sammlungen von HU, FU, TU und Charité zusammengestellt.

Weitere Informationen über die Zusammenarbeit des Digitalen Netzwerks Sammlungen mit dem Forschungsnetzwerk finden Sie hier ...

Freie Universität Berlin

Theaterhistorische Sammlung

Die Sammlung gründet auf der Privatsammlung des Direktors der Likörfirma Danziger Lachs, Walter Unruh (1880-1961), der seine Sammlung Ende 1945 der Stadt Berlin schenkte. 1954 gelangten die Bestände als Dauerleihgabe an das Institut für Theaterwissenschaft.

Neben der Sammlung Unruhs umfasst der Bestand ein Archiv von Autographen, verschiedenen Nachlässen und Fotosammlungen sowie Kritiken und Programmhefte. Der Schwerpunkt liegt auf der Berliner Theatergeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.

Darunter fallen die Nachlässe von Julius Freund (1862-1914), Albert Bassermann (1867- 1952), Joseph Ferdinand Nesmüller (1818-1895), Joseph Nesper (1844-1929), Bestände aus dem einstigen Zirkus-Archiv Heino Seitler (1913-1973) und die Fotosammlungen von Josef Schmidt, Gerhard Kowalewski und Menschel.

Die Bestände sind in vielen Teilen online recherchierbar und werden zunehmend Gegenstand von Digitalisierungsprojekten

Weiterführende Links:

Einzelne Objekte aus direkten kolonialen Kontexten befinden sich nach Bestätigung des Sammlungsleiters Dr. Peter Jammerthal nicht im Bestand der Theaterhistorischen Sammlung. Jammerthal verweist allerdings darauf, dass „man sich in Berliner Revuen um 1900 über Kolonialismus lustig gemacht hat etc. und solche Themen mal hier und da in Stücktexten oder Aufführungsmaterialien vorkommen“. Eine genaue Übersicht über die Anzahl vergleichbaren Materials im Bestand der Sammlung sei aufgrund der nicht durchgehenden Katalogisierung bzw. der teilweise unzureichenden Verschlagwortung schwer möglich.

Einzelne relevante Stücke sind:

  • Julius Freund, Kolonial-Duett, o.D. [spätestens 1914].
  • Traugott Müller: N[…]-Dorf, laut Jammerthal möglicherweise von Hagenbeck vermittelt
  • Sédouard: Kabale und Liebe in Kamerun. Schwarz-weiße Kolonial-Pantomime mit Musik in 2 Bildern. E. Bloch: Berlin 1890.

Stücke des Theaterverlages E. Bloch lassen sich beispielsweise mit verschiedenen Schlüsselbegriffen im Sammlungskatalog über den FID DK suchen, eine parallele Überlieferung sei allerdings auch in der Berliner Staatsbibliothek verfügbar.

Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin

Geschichte

1679 gilt als Gründungsjahr des Botanischen Gartens Berlin. In diesem Jahr ließ Friedrich Wilhelm I., Kurfürst von Brandenburg (Großer Kurfürst) im damals an der Straße nach Potsdam gelegenen Dorf und heutigen Berliner Stadtteil Schöneberg einen Nutzpflanzengarten anlegen, aus dem später der Botanische Garten hervorging. Um 1819 wurde dieser durch das Herbarium ergänzt, dessen Grundstock das persönliche Herbar von Carl Ludwig Willdenow bildete. 1879 wurde für die inzwischen stark gewachsenen Sammlungen das Botanische Museum an der Grunewaldstraße errichtet. Aufgrund des gestiegenen Platzbedarfs der Lebend- wie der Museumssammlungen erfolgte unter dem Direktor Adolf Engler im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts die Verlegung nach Dahlem, das sich damals noch außerhalb des Berliner Stadtgebiets befand.

Nach mehrjährigen Verhandlungen zwischen dem Auswärtigen Amt des Deutschen Reichs, dem Preußischen Kultusministerium und der Leitung des Botanischen Gartens und Botanischen Museums, wurde 1891 die "Botanische Zentralstelle für die deutschen Kolonien" gegründet. Die Zentralstelle hatte drei Aufgabenbereiche:

  1. Beschaffung von geeigneten Arten tropischer Nutzpflanzen und Versand von Samen wie Lebendpflanzen hauptsächlich an die Versuchsgärten in den deutschen Kolonien, um den Aufbau einer exportorientierten Plantagenwirtschaft zu unterstützen
  2. Erforschung der pflanzlichen Vielfalt in den Kolonien mit dem Schwerpunkt auf Nutzpflanzen
  3. Anleitung von Sammlern, Kaufleuten, Kolonialbeamten, Missionaren, Plantagenbesitzern (damals fast ausnahmslos Männer) und anderen Personen, die sich kurz- oder längerfristig in den Kolonien aufhielten, um sie in die Lage zu versetzen, zu den Sammlungen des Botanischen Gartens und Botanischen Museums durch eigene Sammeltätigkeit beizutragen; Ausbildung von Gärtnern für den Kolonialdienst; Beratung von Behörden, Unternehmen, Missionsstationen u. ä., Vermittlung von Wissen über tropische Pflanzen (insbesondere Nutzpflanzen), deren Existenzbedingungen und Produkte an ein breites Publikum (z. B. über Ausstellungen)

Die "Botanische Zentralstelle für die deutschen Kolonien" wurde in der Folge des Ersten Weltkriegs und des Versailler Vertrags 1920 geschlossen. Während der nationalsozialistischen Diktatur nahm sie ihre Arbeit von 1939 bis 1943 noch einmal auf.

Bearbeitung kolonialer Kontexte in dieser Institution

Aktivitäten und Bedeutung der „Botanischen Zentralstelle für die deutschen Kolonien“ wurden von Katja Kaiser im Rahmen eines Promotionsprojekts aufgearbeitet:

  • Katja Kaiser: Wirtschaft, Wissenschaft und Weltgeltung. Die Botanische Zentralstelle für die deutschen Kolonien am Botanischen Garten und Museum Berlin (1891–1920). Berlin: Verlag Peter Lang, 2019.
  • Rahemipour, Patricia (Hgin.): Bipindi – Berlin. Ein wissenschaftshistorischer und künstlerischer Beitrag zur Kolonialgeschichte des Sammelns (mit Text von Katja Kaiser und fotografischer Perspektive von Yana Wernicke und Jonas Feige), KOSMOS Berlin – Forschungsperspektive Sammlungen, Band 1, Berlin 2018, ISBN 978-3-946292-29-6.
  • Katja Kaiser: Georg Zenker: Bipindi – Berlin Ein wissenschaftshistorischer Beitrag zur Sammelpraxis und Sammlungspolitik im deutschen Kolonialreich. A Contribution to the History of Science on the Practice and Politics of Collecting in the German Colonial Empire. Une contribution à l’histoire des sciences sur la pratique et la politique de collecte dans l’empire colonial allemande. Für die Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz herausgegeben von Patricia Rahemipour und Kathrin Grotz. Köln 2023 (Berliner Schriften zur Museumsforschung, vol. 39). [1]

Seit Juni 2022 setzt sich eine Arbeitsgruppe am Botanischen Garten Berlin mit kolonialen Kontexten der Einrichtung, ihrer Sammlungen und ihrer Forschung auseinander, insbesondere mit deren Thematisierung in den Ausstellungsbereichen des Gartens und Museums.

Koloniale Kontexte der Einrichtung wurden im Rahmen der internationalen Austauschplattform The MuseumsLab (2022) und in der Werkstattreihe »Dekolonisierung von Museen“ der Dekoloniale – Erinnerungskultur in der Stadt (2023) diskutiert.

Am Positionspapier des Verbandes Botanischer Gärten "Botanische Gärten, Pflanzensammlungen und Kolonialismus" haben Vertreter*innen des Botanischen Gartens Berlin miterarbeitet (Abrufbar unter: https://www.verband-botanischer-gaerten.de/userfiles/documents/Nachrichten_des_Verbandes/Kolonialismus_und_Botanische_Gaerten_-_Positionspapier_VBG_2023.pdf).

Sammlungen des Botanischen Gartens Berlin

  • Herbarium einschließlich Sondersammlungen (Frucht- und Samensammlung, Holzsammlung, Harzsammlung, etc.) (B)
  • Lebendsammlung
  • Dahlemer Saatgutbank
  • DNA-Bank
  • Wissenschaftshistorische Sammlung
  • Bibliothek
  • Sammlung des Botanischen Museums Berlin

Aufgrund eines Bombentreffers verbrannten 1943 große Teile des Herbariums, der Bibliothek, der Wissenschaftshistorischen Sammlung sowie der Sammlung des damals sogenannten Schaumuseums. Das Herbar als größter Sammlungsteil umfasst heute wieder ca. 4 Mio. Objekte. Eine geographische und zeitliche Bestandaufnahme wird erst mit der vollständigen Digitalisierung möglich sein.

Da die biologischen Sammlungen des Botanischen Gartens Berlin die natürliche pflanzliche Biodiversität (im Unterschied zu der von Nutzpflanzen) dokumentieren, sind sie in der Regel direkt der Natur entnommen und wurden erst durch die anschließende wissenschaftliche Bearbeitung (Dokumentation, Präparation, Identifikation) zu naturhistorischen Objekten. Ihre kolonialen Kontexte stellen sich deshalb anders dar als im Sammlungskontext von Kulturpflanzen und Nutztieren, oder von Kulturobjekten im engeren Sinne, die auch Ethnobotanika einschließen.

Die Überwindung kolonialer Kontinuitäten hinsichtlich biologischer Sammlungen zielt deshalb primär darauf, diese Sammlungen und darauf basierende Forschungsdaten weltweit digital frei zugänglich zu machen und im Rahmen von internationalen Kooperationsprojekten Datenzugang und Datenvernetzung zu fördern.

Beispiele von Sammlungen mit kolonialem Kontext:

  • Karl Philipp Johann Georg Braun (Tansania) à  Museen Stade, https://www.museen-stade.de/schwedenspeicher/service/forschung/sammlung-karl-braun
  • Kurt Dinter (Namibia)
  • Gustav Hermann Nachtigal (Algerien, Tunesien, Kamerun, Togo)
  • Gustav Albert Peter (Tansania)
  • Paul Rudolph Preus (Kamerun)
  • Georg Schweinfurth (Ägypten, Sudan, Eritrea, Äthiopien, Jemen)
  • Franz Stuhlmann (Tansania, Indonesia)
  • Lothar von Trotha (Tansania)
  • Georg August Zenker (Kamerun) à Ethnologisches Museum Berlin und Museum für Naturkunde Berlin

Beispiele für (Teil)Nachlässe:

Historische Verbindungen zu Institutionen in ehemaligen deutschen Kolonialgebieten

Die Botanische Zentralstelle für die deutschen Kolonien war von 1891 bis 1920 und 1941 bis 1943 am Botanischen Garten Berlin (zunächst in Schöneberg, später in Dahlem) angesiedelt. In Übersee existierten zur Zeit der deutschen Kolonialherrschaft, das Biologisch-Landwirtschaftliche Institut Amani (damals Deutsch-Ostafrika), die Versuchsanstalt für Landeskultur in Victoria (Kamerun) und Versuchsgärten in Misahöhe und Sokodé (damals Togoland) sowie in Rabaul (damals Deutsch-Neuguinea).

Biologisch-Landwirtschaftliches Institut Amani, Tansania

Das Institut besteht bis heute und kooperiert u.a. eng mit der Landwirtschaftsuniversität in Morogoro, der Sokoine University of Agriculture, zusammen.

Ausstellung Amani. Auf den Spuren einer kolonialen Forschungsstation: MARKK Hamburg, 20.09.2019—26.04.2020. National Institute for Medical Research Tanzania, National Museums of Tanzania, Körber-Stiftung, Goethe-Institute Kenia und Tansania, Freunde des Museums am Rothenbaum MARKK e.V., University of Oslo, Department of Social Anthropology und University of Amsterdam, Centre for Social Science and Global Health und Economic and Social Research Council.

1905/06 arbeitete in Amani Robert Koch, deshalb Verknüpfung zu Robert-Koch-Museum bzw. Robert-Koch-Nachlass im Universitätsarchiv der HU.

Links zu Archivakten im Bundesarchiv:

Museen Stade:

  • https://www.museen-stade.de/schwedenspeicher/service/forschung/sammlung-karl-braun

Publikationen zu Amani:

  • Tropical Biology Association: Amani Nature Reserve. An Introduction. Field Guides, 2007.
  • Hartmut Pürschel-Trostberg: The Agricultural Advance of Amani-Institute during German Colonial Time. National Archives of Tansania, Dar es Salaam 2001.
  • Bernhard Zepernick: Zwischen Wirtschaft und Wissenschaft – die deutsche Schutzgebiets-Botanik. In: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte. 13, 1990: S. 207–217.

Versuchsanstalt für Landeskultur, Limbe (damals: Victoria), Kamerun. Heute: Jardin Botanique de Limbé [2]

Direktor: Mtemchomg Djomo Serges

Kurator: Chris Forminyam

Plant Records Officer: Stella Asaha

Kontakt: lbgmcp@camnet.cm

Archivakte: Versuchsanstalt für Landeskultur, Victoria. Einrichtung und Tätigkeit,1889-1914, Bundesarchiv, R 175-I/777. 

Versuchsgärten in Misahöhe und Sokodé (Togo)

Kooperation in den 1960-70er Jahren, geleitet von Paul Hiepko.

Publikation: Brunel, J. F. Hiepko Paul, Scholz H. Flore analytique du Togo : phanerogames. Berlin: Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem, 1984.

Versuchsgärten in Rabaul (Deutsch-Neuguinea). Heute Lae Botanic Gardens

Kontakt: mlovave@fri.pngfa.gov.pg

Publikation: Katja Kaiser: "Exploration and exploitation: German colonial botany at the Botanic Garden and Botanical Museum Berlin.." In: Dominik Geppert und Frank Lorenz Müller (Hg.), Sites of imperial memory. Commemorating colonial rule in the nineteenth and twentieth centuries (= Studies in Imperialism), Manchester University Press, 2015: S. 225-242.

Internationale Partnerinstitutionen

Der afrikanische Kontinent steht nicht zentral im Fokus der internationalen Kooperationen des Botanischen Gartens Berlin. Hier eine kurze Übersicht abgeschlossener und aktueller internationaler Kooperationen:

  • Armenien: Institute of Botany / Armenian National Academy of Sciences & Yerevan State University, Jerewan.
  • Aserbaidschan: Institute of Botany / Central Botanical Garden /Azerbaijan National Academy of Sciences, Baku.
  • Äthiopien: The National Herbarium of Ethiopia / Addis Abeba University, Addis Abeba. Siehe z.B. die Ausstellung „Kaffeewälder
  • Bolivien: Herbario Nacional de Bolivia & Museo Nacional de Historia Natural, La Paz.
  • Costa Rica: Museo Nacional de Costa Rica, San José.
  • Dominikanische Republik: Jardín Botánico Nacional Dr. Rafael Maria Moscoso, Santo Domingo.
  • El Salvador: Asociación Jardín Botánico La Laguna, Antiguo Cuscatlán.
  • Georgien: Tbilisi Botanical Garden & Ilia Chavchavadze State University, Tiflis; Batumi Botanical Garden, Batumi.
  • Guyana: Faculty of Natural Sciences, University of Guyana, Flora of the Guianas.
  • Kolumbien: Jardín Botánico Jose Celestino Mutis, Bogotá, Instituto de Investigación de Recursos Biológicos AvH, Bogotá.
  • Kuba: Jardín Botánico Nacional de Cuba, Havanna, Flora de Cuba.
  • Republik Korea: Korea National Arboretum, Pocheon; Planning Office of the National Ecological Institute and the National Institute of Biological Resources of the Ministry of Environment, Gwacheon-si.
  • Mexiko: Universidad Nacional Autónoma de México, Instituto de Biología (IBUNAM), Mexiko City.
  • Surinam: Anton de Kom University of Suriname, Flora of the Guianas.
  • Türkei: Nezahat Gökyiğit Botanik Bahçesi, Istanbul.
  • Vietnam: Vietnam National Museum of Nature (VNMN), Hanoi, Institute of Ecology and Biological Resources (IEBR), Hanoi, Southern Institute of Ecology (SIE), Ho Chi Minh Stadt, Institute of Tropical Biology (ITB), Ho Chi Minh Stadt.

[1] Das Werk ist als Open-Access-Publikation im Sinne der Creative-Commons-Lizenz BY-NC-SA International 4.0 („Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitung“) unter dem DOI https://doi.org/10.7788/978412527778 abzurufen. Um eine Kopie dieser Lizenz zu sehen, besuchen Sie https://creativecommons.org/licenses/CC BY-NC-SA 4.0f.        

[2] https://www.bgbm.org/de/node/1150

Paläontologische Sammlung

Die Sammlung des Paläontologischen Instituts wurde seit der Gründung des Instituts 1950 aufgebaut, u.a. durch Schenkungen anderer Institute und Ankäufe. Teilbestände sind u.a. eine Mikropaläontologische Sammlung, Invertebratensammlung, Paläobotanische Sammlung mit dem Schwerpunkt Permokarbon und Quedlinburger Oberkreide und eine Stratigraphische Sammlung. Laut Auskunft der Sammlungsleiterin und Präparatorin Maike Glos, die gegenwärtig eine Inventur und Bestandsaufnahme der gesamten Sammlung durchführt, befinden sich keine für den vorliegenden Kontext relevanten Objekte im Bestand der Sammlung. Sie meldet sich erneut, sollten sich noch entsprechende Objekte finden.

Mineral- und Gesteinssammlung

Den Grundstock für die Mineralogischen Sammlungen an der TU und am Museum für Naturkunde bilden Mineralien und Gesteine aus der „Königlichen Mineraliensammlung“ von 1781. Teile der TU Sammlungen und ihre Inventarbücher wurden 1943 zerstört, ab 1953 inventarisierte man die erhaltenen Altbestände und Neuzugänge gemeinsam. Seit 1959 befinden sich die Sammlungen im Gebäude für Bergbau- und Hüttenwesen am Ernst-Reuter-Platz. Heute bestehen sie aus einer öffentlich zugänglichen Schausammlung, Sammlungen zur Speziellen Mineralogie und Mineral-Systematik, mehreren fachlich spezifischen Teilsammlungen, Lehrsammlungen sowie Magazinsammlungen.

Sie umfassen etwa 200.000 Mineralien aus verschiedenen geografischen Gebieten, darunter Tansania, Kongo oder Namibia. Einen Schwerpunkt bilden Mineralien der Lagerstätte Tsumeb, die einen Bezug zum kolonialen Bergbau aufweisen und teilweise aus der Kolonie Deutsch-Südwestafrika stammen. Hierauf verweisen der Erwerbszeitpunkt und die historischen Etiketten.

Unter der Leitung des Kustos Dr. Johannes Giebel wurde die historische Sammlung von Karl Keller re-inventarisiert und vollständig digitalisiert. Als deutscher Bergmann war dieser in Deutsch-Südwestafrika tätig und baute während seiner Tätigkeit in Tsumeb in den 1920er und 1930er Jahren eine private Mineraliensammlung auf.  

Von 1886 bis 1923 lehrte Prof. Robert Scheibe an der Bergakademie Berlin, der eine koloniale Biografie aufweist. Er reiste 1908 zur Beforschung von Diamantenvorkommen nach Deutsch-Südwestafrika, von wo er mehrere Eisenmeteoriten mitbrachte. Die Meteoriten(teile) befinden sich u.a. in der TU Sammlung und im Bergbau-Museum Bochum.

Die Sammlungen sind nicht vollständig digitalisiert. Eine lückenhafte Bestandsaufnahme erfolgt über die handschriftlich geführten Inventarbücher, die auf Nachfrage von Dr. Johannes Giebel bereitgestellt werden können.

 

Literatur:

Johannes Giebel: Erste Schritte zur Digitalisierung der Mineralogischen Sammlungen der TU Berlin – ein Erfahrungsbericht, Blogeintrag, Digitales Netzwerk Sammlungen, 2023.

Herting-Agthe, Susanne: Mineralogische Schausammlung in: Geowissenschaftliche Sammlungen in Berlin und Brandenburg. Hrsg. von Schroeder, J. H.; Heinke, A., Führer zur Geologie von Berlin und Brandenburg, Band 8, Berlin (Selbstverlag Geowissenschafler in Berlin und Brandenburg e.V.) 2002, S. 137 ff.

Hirschwald, Julius: Das Mineralogische Museum der Königlichen Technischen Hochschule Berlin. Ein Beitrag zur topographischen Mineralogie, sowie ein Leitfaden zum Studium der Sammlungen, Berlin (Friedländer) 1885.

Möbius, Hanno: 400 Jahre technische Sammlungen in Berlin. Berliner Beiträge zur Technikgeschichte und Industriekultur. Schriftenreihe des Museums für Verkehr und Technik Berlin, Band 2, Von der Raritätenkammer der Kurfürsten zum Museum für Verkehr und Technik, Berlin (Nicolaische Verlagsbuchhandlung Berlin) 1983.

Strunz, Hugo: Von der Bergakademie zur Technischen Universität Berlin: 1770 – 1970, Essen 1970.

Veterinärpathologische Präparatesammlung

Die Sammlung des Instituts für Veterinär-Pathologie, die seit der Schließung des Veterinärpathologischen Institutes der Humboldt-Universität auch dessen Bestände trägt, umfasst ein Gewebe- und Informationsarchiv von Tierkrankheiten. Sowohl der lokale Fokus auf das Berliner Umland als auch der zeitliche Rahmen beginnend nach Ende des Zweiten Weltkrieges bedingt die Tatsache, dass es – laut Aussage des Geschäftsführenden Direktors des Instituts, Prof. Dr. Achim Gruber – keine relevanten Objekte für die vorliegende Bestandsaufnahme enthält.

Anatomische Sammlung des Instituts für Veterinärmedizin

Die Sammlung des Instituts geht auf den Veterinärmediziner und Professor der sog. Tierarzneischule in Berlin Ernst Friedrich Gurlt (1794-1882) zurück, der die Bestände auf einen Umfang von etwa 6.500 Präparaten brachte.

Große Teile wurden während des Zweiten Weltkrieges zerstört, weshalb die Sammlung nach Übergabe an die gegründete Freie Universität in der Nachkriegszeit erneut erweitert wurde.

In der anatomischen Sammlung befinden sich heute noch Feuchtpräparate, Wachsmodelle, Ausgusspräparate und korrosionsanatomische Modelle, die auch für die Lehre zur Verfügung stehen.

 

Zugehörig: Gurltsche Sammlung (FU)

Der noch heute bestehende Sammlungsteil umfasst 143 Skelette und 105 konservierte Präparate.

Ein großer Teil der Sammlung ist digital erfasst und online zugänglich.

 

Zugehörig: Zieglersche Wachsmodelle (FU)

Die Sammlung umfasst etwa 135 Modelle.

Die zuständige Präparatorin Janet Weigner hat den lokalen Fokus der verschiedenen Modelle und Präparate der Sammlung bestätigt, die sich im Bestand des Instituts für Veterinärmedizin befinden.

Die einzige Verbindung, die sich zu einem kolonialen Kontext ziehen lässt, betrifft einige wenige Schädelpräparate von Elefanten und Giraffen, die dem damaligen Präparator Prof. Budras in den 1980er Jahren vom Berliner Zoo übergeben wurden.

Inwieweit diese Tiere selbst direkt aus den kolonisierten Gebieten kommen, oder innerhalb des Berliner Zoos geboren wurden (sich ihre ‚genealogische‘ Verbindung zu kolonisierten Gebieten so also über mehrere Generationen zurückverfolgen lässt), müsste erneut nachgefragt werden.

So oder so kann an diesen Einzelfällen ein kolonialer Kontext festgestellt werden; sei es durch die Einzeltiere selbst, oder das Nutzen der nicht heimischen Tierpräparate für die universitäre Forschung und Lehre.

Ansprechpartnerin: Janet Weigner, janet.weigner@fu-berlin.de

 

Zugehörig: Hufeisensammlung/ Schmiedemuseum

Ehemalig: Humboldt-Universität Berlin

Der Fachbereich wurde angefragt, eine Antwort liegt vor.

Die Hufeisensammlung – auch Schmiedemuseum genannt – befindet sich heute am Fachbereich Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin und umfasst etwa 670 Objekte (Stand 2012). Sie geht auf die Gründung der Tierärztlichen Hochschule Berlin im Jahr 1790 zurück, die 1810 in die gegründete Berliner Universität (spätere Humboldt-Universität) integriert wurde.

Die Bestände umfassen verschiedene Huf- und Klauenbeschläge aus verschiedenen Regionen, beispielsweise solche von englischen Galopppferden. In der Sammlung befinden sich auch

2.000 Jahre alte Objekte und auch chinesische „Hipposandalen“. Aufgrund dieses zeitlich und räumlich sehr weiten Sammlungsprofils, ist auch ein kolonialer Kontext im Sinne dieser Bestandsaufnahme nicht ausgeschlossen.

Der für die Sammlung zuständige Leiter der Veterinärmedizinischen Bibliothek, Dr. Tobias Ripp, weist darauf hin, dass zwar einzelne Hufeisen aus Südafrika im Bestand zu finden sind, sich der Verdacht eines problematischen Kontextes aber nicht erhärtet habe. Die Originaldokumentation liege nicht vor, gegenwärtig würde eine Kollegin jedoch die Bestände auf der Suche nach entsprechenden Unterlagen überprüfen. Er melde sich ggf. noch einmal zurück.

Im Rahmen einer 2008 erschienenen Dissertation von Insa Lingens wurde die Hufeisensammlung gesichtet und katalogisiert, Zugriff: https://refubium.fu- berlin.de/handle/fub188/4188.

Kartensammlung des Fachbereichs Geowissenschaften

Der Bestand der Kartensammlung umfasst etwa 164.000, 2400 Atlanten und 700 Wandkarten (Stand 2013). Ihre regionalen Schwerpunkte sind Berlin, Deutschland, Ost-Mitteleuropa, Afrika nördlich des Äquators, Nordamerika, Teile Asiens, und Australien. Über die Geschichte der Sammlung finden sich online keine direkt zugänglichen Informationen.

Die stellvertretende Bibliotheksleiterin Lina Geiges-Erzgräber hat eine Übersicht der relevanten Kartenbestände erstellt:

Gebietsname

(Kolonialbezeichnung)

Bestand

Afrika

 

Algerien (Teil von frz. Nordafrika)

Militärgeographische Angaben (1941/42 Mil-Geo)

Oran, Algier, Constantine (1957, Tourisme, IGN, Paris)

1943 Deutsche Heereskarte

Angola (ehem. Portugiesische-Westafrika)

topographischer Stadplan Luanda (1975, sowj. Generalstab)

Ifni (ehem. Spanisch-Westsahara)

Sahara Espanol (1960)

Mapa geologico del Sahara Espanol (1958)

Kamerun

Geologie, Pflanzengeographische Übersichtskarte von NW-Kamerun (1917, Hassert)

Kamerun in 6 Blättern (1901, aus Dt. großer Kolonialatlas)

Kamerun, Cameroun Bangassou, Ouesso (1940, 49)

Madagaskar

Carte routière de Madagascar (1960, Sevice géo.)

Marokko (Teil von frz. Nordafrika)

Militärgeographische Angaben (1941/42 Mil-Geo)

Übersichtskarte Marokko u.A. (1941, Dt. Heereskarte)

Carte Touristique du Maroc (1932, Service Geographique de L’Armee, paris)

Mauretanien (Teil von frz. Westafrika)

Ouest Mauritanien (1961, IGN)

Mosambik

Topo: Gurue, Macanga-Anbonia-Amaraba (1940, 41)

 

Namibia

Deutsch-Südwest-Afrika, Südwestafrikanisches Schutzgebiet (1892, 94, Dt. kolonialatlas)

Kriegskarte von Deutsch-Südwestafrika (?, Reimer)

Karte des Sperrgebietes in Deutsch-Südwestafrika in 10 Blättern

Kriegskarte Deutsch-Südwest-Afrika, ca. 1908, Verlagshandlung, D. Reimer

Langhans Deutscher Kolonialatlas: Südwestafrikanisches Schutzgebiet, 15 Blätter, 1894

Nigeria

Nigeria Domestic Trade (1957, Federal Survey Nigeria)

Klima & Vegetationskarten (1952-1960, federal Survey Nigeria)

Geological Map of Nigeria (1954)

Topographie diverse Karten von 1913-1960 (u.a. Federal Surveys, Southhampton Ordnance Survey)

Republik Kongo (Frz.Äquatorialafrika)

République du Congo (1962, 1:3 Mio.)

Carte géologique du Congo Belge et du Ruanda-Urundi (1951)

Carte Géologique du Katanga (1913)

Carte de Territoire du Congo: Kinshasa-Madimba + Inhisi-Kasangulu (1955/56 Inst. geog. du Congo Belge)

Sambia (Nordrhodesien)

A Prospector’s guide to mineral occurences in Northern Rhodesia (1952, Guernsey)

Senegal (Teil von frz. Westafrika)

Militärgeographische Angaben: Dakar und sein Hinterland (1941/42 Mil-Geo)

Carte Géologique du Sénégal (1962)

République du Sénégal in 4 Blt. (1960, IGN)

Simbabwe (Südrhodesien)

Geological Map of Southern Rhodesia (1961)

Provisional Geological Map of Rhodesia (1971, Rhodesia geol. Survey)

Zimbabwe Rhodesia: Climatic comfort-discomfort belts and building design (1979, Department of the Surveyor-General)

Rhodesia (Land Tenure) (1971)

Southern Rhodesia: Landzuteilung (1956)

Südafrika

Stadtplan Port Elizabeth (1960, Publicity Association)

Geological Map of the Union of South Africa (1955)

Tansania (ehem. Tanganjika)

Zanzibar (1949, PWD Zanzibar)

Geomorphologie: Tanganyika Moshi (1953, Department of Lands and Surveys, Dar-es-Salaam)

Geological Map of Tanganyika (1960)

Deutsch-Ostafrika: Tanganyika + Daressalam (1940, 1908)

Das Südwest-Ende des Viktoria-Njansa (1892, Dr. Stuhlmann)

Topographie: Kilosa, Dar Es Salaam (1958, 57, Dept. of lands and Surveys)

Tanganyika (1956, London Ordnance Survey)

Tanganyika Special Series (1947, 6 Blätter im Bereich der IWK ?)

Togo

République du Togo (1960, IGN)

Gr. Deutschter Kolonialatlas, Blatt Togo (1908, P.Sprigade)

Tschad (Frz.Äquatorialafrika)

Carte géologique provisoire du Borkou-Ennedi-Tibesti (1958)

Das Tschadsee-Gebiet (1905, aus: Mitteilungen aus den deutschen Schutzgebieten)

Tunesien (als Teil von frz. Nordafrika)

Topographische Karten, Stadtplan Tunis, Verkehrskarten, militärgeographische Beschreibung von Tunis - Stadtdurchfahrtpläne (Mil-Geo, Jahre 1939-1942)

Militärgeologische Angaben (1941/2 Generalstab des Heeres)

Carte Routinee de la Tunisie et environs de Tunis (1903)

Djebel Ichkeul, Tunesien (1934, 1954 IGN Paris)

Tunesien (1943, Dt. Heereskarte)

Tunisia (1941, Italien)

Zentralafrikanische Republik (Frz.Äquatorialafrika)

Carte ethno-démographique de l’Afrique occidentale (1952, IFAN, Dakar)

Carte de densite de Population (Afrique Équatorial Francaise (1957, I.A.E.F. Cameroun)

Afrique equatoriale francaise carte economique (1956, Inst. geog. National Paris)

 

Zoologische Lehrsammlung des Instituts für Biologie

Diese Sammlung beinhaltet Gebeine von verstorbenen Personen und menschliche Präparate. Die Provenienz der Human Remains wird derzeit (Februar 2024) untersuch (siehe Pressemitteilung vom 17.01.2023)

Zur Betrachtung der kolonialen Kontexte der zoologischen Sammlung der Freien Universität vgl. auch den Bericht von Isabelle Reimann:

Reimann, Isabelle; Nguherimo, Jephta U.; Mboro, Mnyaka Sururu et al.: We Want Them Back: Wissenschaftliches Gutachten zum Bestand menschlicher Überreste/Human Remains aus kolonialen Kontexten in Berlin. Decolonize Berlin 2022.

Mediensammlung der Biologiedidaktik

Die Mediensammlung der Biologiedidaktik des Fachbereichs Biologie, Chemie und Pharmazie besteht aus Schaukästen, Geräten und Instrumenten, Präparaten, Modellen, Wandkarten, Schriftgut und audiovisuellen Medien. Zwar ist eine Übersicht des Medienbestands online zugänglich, allerdings sind die Objekte dort lediglich kurz beschrieben, ohne dass eine zeitliche oder geografische Einordnung ihrer Provenienz gegeben ist.

Genauer Umfang und Genese der Sammlung lassen sich online nicht gesammelt entnehmen.

Weiterführende Links:

 

Humboldt-Universität zu Berlin

Lautarchiv

Das Lautarchiv wurde 1920 als Lautabteilung der Preußischen Staatsbibliothek gegründet. Der koloniale und gewaltvolle Kontext dieser Bestände ist Gegenstand umfangreicher Forschungen; hier sind exemplarisch die Arbeiten von Britta Lange, Irene Hilden und Anette Hoffmann zu nennen.

Bestände und Katalog:

https://www.lautarchiv.hu-berlin.de/bestaende-und-katalog/bestaende/

Relevante Projekte (siehe auch hier):

 

Ausgewählte Literatur:

Hilden, Irene (2022): Absent Presences in the Colonial Archive. Dealing with the Berlin Sound Archive’s Acoustic Legacies. Leuven: Leuven University Press.

Lange, Britta (2019): Gefangene Stimmen. Tonaufnahmen von Kriegsgefangenen aus dem Lautarchiv 1915–1918. Berlin: Kulturverlag Kadmos.

Berner, Margit; Hoffmann, Anette; Lange, Britta (Hrsg.) (2011): Sensible Sammlungen. Aus dem anthropologischen Depot. Hamburg: Philo Fine Arts.

Arboretum

Das Arboretum der HU Berlin teilt sich in die botanischen Sammlungen mit der Lebendsammlung als dem eigentlichen Arboretum sowie dem Herbarium (konservierte Sammlung inklusive Sondersammlungen) auf. Zugehörig ist außerdem ein Archiv.

Die Anlage geht auf den Gründer Franz Späth (1839-1913) zurück, der das Arboretum seit den 1870er Jahren als Teil der familiengeführten Späth’schen Baumschule unter der Leitung des Berliner Stadtgartendirektors Johann Heinrich Gustav Meyer (1816-1877) im Stil eines englischen Gartens hatte anlegen lassen.

Der Sohn Franz Späths, Hellmuth Späth (1885-1945) übernahm 1912 bis zu seiner Inhaftierung 1943 die Leitung. Inwieweit in diesen Jahren Bestände aus kolonialen Kontexten in das Arboretum integriert wurden, lässt sich den verfügbaren Informationen nicht entnehmen.

Zwar trat Hellmuth Späth, wohl aus geschäftsfördernden Gründen, bereits 1933 der NSDAP bei. Allerdings wurde er in späteren Jahren sowohl aufgrund seiner geschiedenen Ehe zu einer Jüdin als auch aus politischen und wirtschaftlichen Gründen denunziert. Nach einer Verurteilung wegen „Kriegswirtschaftsvergehen“ wurde 1943 er in der Haftanstalt Bautzen II inhaftiert und 1944 in das Konzentrationslager Sachsenhausen verbracht, wo er 1945 ermordet wurde.

Späths NS-Verfolgung wurde von der Sowjetischen Militäradministration nicht anerkannt, weshalb das Gelände der Baumschule den Erben nicht zurückgegeben und 1949 in Volkseigentum überführt wurde. Seit 1961 ist es an der Humboldt-Universität angesiedelt, wurde in den folgenden Jahrzehnten umgestaltet und in seinen Beständen erweitert.

Das Herbarium der HU ist im Internationalen Index Herbariorum mit dem Kürzel BHU registriert. 1993 wurde ein großer Teil des Bestandes (etwa 270.000 Belege) an den Botanischen Garten Berlin (Herbarium Code B) abgegeben. Darin befindet sich auch umfangreiches Material aus Kuba. Die verbliebenen Bestände von 20.000 Belegen sind allerdings bis heute im Späth-Arboretum der HU.

Die historischen Bestände des Arboretums wurden auch durch Expeditionen erweitert, darunter nach Nordamerika, Vorder-, Mittel- und Ostasien sowie Süd-Ost-Europa. In dem lebenden und konservierten Material gab und gibt es Dr. Thomas Janßen zufolge keine Objekte aus Afrika, demzufolge auch kein Material aus einem kolonialen Kontext.

Kristallographische Lehrsammlung

Die Kristallographische Lehrsammlung am Institut für Physik der Mathematisch- Naturwissenschaftlichen Fakultät wurde seit dem frühen 19. Jahrhundert „stetig für Lehrzwecke genutzt und weiter ausgebaut“, ihre Ursprünge sind auf die Bergakademie Berlin zurückzuführen. Bis zu den 1960er Jahren war die Sammlung dem ‚Mineralogisch- petrografischen Institut und Museum der Humboldt-Universität‘ später ‚Mineralogisches Institut und Museum‘ zugeordnet, allerdings verblieb die Sammlung bis in die 1990er Jahre in Räumen des Berliner Museums für Naturkunde, wo sie seit 1814 räumlich angesiedelt war.

Seit etwa 30 Jahren befindet sich die Sammlung in Räumen der HU, zunächst in der Invalidenstraße und heute am Campus Berlin-Adlershof.

Der gegenwärtig zuständige Sammlungsbetreuer Dr. Holm Kirmse hat auf die Anfrage formuliert, dass die Sammlung aus dem MfN „gespeist“ worden sei, und es „von Seiten des Museums die klare Aussage [gibt], dass die Sammlung zurück kommt, wenn es in der Physik keinen Bedarf mehr gibt.“ Übergabeprotokolle und -listen lägen ihm für einige Objekte vor, allerdings nicht für die in diesem Fall relevanten Belegmineralien (s.u.).

Der Objektbestand ist zu unterteilen in verschiedene Modelle, die für die Lehre eingesetzt werden, und Belegmineralen. Einzig letztere sind für die vorliegende Bestandsaufnahme von Interesse. Allerdings ist der gesamte Bestand unkatalogisiert, eine Inventarisierung der Objekte ist vorgesehen.

Auf Nachfrage hat Herr Kirmse eine stichprobenartige Durchsicht der Belegmineralien vorgenommen, die entsprechenden Objekte abfotografiert und diese zugesandt (Fotos im Anhang). Die exemplarisch von ihm angesehenen Einzelobjekte stammen alle aus Europa, er sagt jedoch, dass „sich sicher ein eingehender Blick auf die Sammlung“ lohne. Die weiteren Mineralien seien in den auf den Fotografien zu sehenden Blockschränken untergebracht; „Pro Schrank gibt es 12 Auszüge. Es sieht also nach einem hohen Aufwand aus, den ich nicht selbst leisten kann.“

In Rücksprache mit Herrn Kirmse kann ein Besuch der Sammlung von Interesse für die Bestandsaufnahme sein.

Biologiedidaktische Sammlung

Die Sammlung enthält Modelle, mikroskopische Präparate und Wandkarten, die zur Lehre genutzt werden. Sie weisen jedoch laut Aussage von Jeane Heyd keinen entsprechenden kolonialen Kontext auf.

Mediathek – Bildsammlung des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte

Die Mediathek des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte umfasst einen Dia- und Foto-, sowie einen Sammlungsbestand. Diese sind auf die Gründung des Apparates durch Hermann Grimm (1828-1901) im Jahre 1875 als Lehrmaterial zurückzuführen. Nach Verlusten während des Zweiten Weltkrieges wurde die Sammlung nach 1945 erneut erweitert. Um 1900 umfasste der Bestand etwa 15.000 Diapositive, 250 Mappen mit Stichen und Fotografien, sowie 1.200 Buchbände. Welchen Umfang die Sammlung heute hat, lässt sich nicht genau entnehmen. Das Summieren der angegebenen Einzeleinheiten (siehe: Mediathek Sammlungsbestand unter relevante Links) führt zu einer ungefähren Anzahl von 400.000.

Die Datenbank prometheus ermöglicht einen Zugang zu den digitalisierten Bildbeständen, dafür ist jedoch entweder eine institutionsverknüpfte Lizenz notwendig (bspw. für Studierende) oder eine Einzellizenz von 30€/jährlich zu erwerben.

Im Rahmen eines Digitalisierungsprojektes sind die Glasdiabestände zugänglich gemacht worden. Hier findet sich auch ein Bestand Außereuropäischer Kunst, worunter ebenfalls Afrikanische Kunst fällt. In einer unsystematischen Durchsicht der Abbildungen finden sich verschiedene Objekte, die eine eindeutige Kolonialität aufweisen, von denen hier nur drei exemplarisch aufgeführt werden:

Benin, Krokodil- u. Krokodilskopf-Platten. v. Luschan […]“ http://imeji-mediathek.de/imeji/collection/hFfmQSuYGYX2mJzI/item/6jBr0Dlx4NReccHW

Benin, weibl. Kopf um 1485, v. Luschan, B. […]“ http://imeji-mediathek.de/imeji/collection/hFfmQSuYGYX2mJzI/item/_wASTcocifA0wwGp

„Süd-Kongo, Buschongo, Shamba Bolongongo-Statue, […], London, Brit. Mus. […]” http://imeji- mediathek.de/imeji/collection/hFfmQSuYGYX2mJzI/item/n1xOB3ozUtp5e6JT

Der zuständige Sammlungsleiter Dr. Georg Schelbert erläutert auf Nachfrage, dass die Diabestände aufgrund fehlender Metadaten aktuell nur manuell durchsuchbar sind.

Da die Glasdias für die universitäre Lehre genutzt wurden, seien einige der Motive ohne unmittelbaren Zusammenhang entstanden und wurden beispielsweise aus Buchpublikationen abfotografiert.

In Kombination mit den annotierten Informationen und Quellen wie Vorlesungsverzeichnissen, ist eine systematische Erfassung der relevanten Glasdias für den vorliegenden Kontext von großem Interesse.

Schelbert erweitert den kolonialen Kontext mit dem Verweis auf Abbildungen aus osteuropäischen Gebieten, die während des Zweiten Weltkrieges entstanden sind und zeitgleich in der Lehre eingesetzt wurden.

Ein weiterer Bestand, die Schenkung Wylegala, enthalte rassistische Abbildungen. Mit dieser Sammlung beschäftigt sich aktuell ein Forschungsteam der Koordinierungsstelle Wissenschaftliche Sammlungen unter der Leitung von Sarah Elena Link. Sie stehe aber in keinem direkten Zusammenhang mit der Humboldt-Universität, da die Sammlung kürzlich aus einer Schule übernommen wurde.

Relevante Links:

Dia- und Fotobestand: http://www.kunstgeschichte.hu-berlin.de/wp- content/uploads/2015/03/Gesamtbestand-Mediathek.pdf

Mediathek Sammlungsbestand: https://wikis.hu-berlin.de/mediathek/Mediathek_Sammlungsbestand

Glasdias: https://wikis.hu-berlin.de/mediathek/Bestandsübersicht_Glasdias

à Schrank 16: Byzantinische Kunst, Außereuropäische Kunst.

Beschreibung: „Byzantinische Kunst, Außereuropäische Kunst (Achtung: Teils ungeordnet, Afrikanische, Ostiasiatische, Meso- und Südamerikanische Kunst durcheinander)“

 

Zoologische Lehrsammlung des Instituts für Biologie

Die meisten Informationen zu dieser Sammlung und ihre Geschichte sind schon online auf dem Portal der Sammlungen der Humboldt-Universität verfügbar.

Isabelle Reimann schreibt in ihrem Bericht über menschliche Überreste in Berliner Einrichtungen:

Bei der Hälfte der 16 Präparate, darunter Skelette und Feuchtpräparate für Lehrzwecke, wurde ein kolonialer Kontext ausgeschlossen. Diese kommen beispielsweise aus der Berliner Anatomie. Bei der anderen Hälfte kann ein kolonialer Kontext nicht ausgeschlossen werden, auch wenn er eher unwahrscheinlich ist. [...]

Der Großteil der Lehrsammlung ist in der Datenbank »Kabinette des Wissens« recherchierbar; die knöchernen menschliche Überreste wurde 2021 von Biologin Ines Drescher auf Initiative des Gutachtens erstmals in einer tabellarischen Zusammenstellung erfasst, auf Provenienzmerkmale untersucht und mit den in Katalogen und Karteikarten befindlichen Informationen zusammengefügt. (S. 125-126)

Literatur:

Reimann, Isabelle: Wissenschaftliches Gutachten zum Bestand menschlicher Überreste/ Human Remains aus kolonialen Kontexten in Berlin, in We Want Them Back!, Decolonize Berlin, 2022. https://www.ecchr.eu/publikation/we-want-them-back-wissenschaftliches-gutachten-zum-bestand-menschlicher-ueberrestehuman-remains-aus-kolonialen-kontexten-in-berlin-februar-2022/

Ehemalig: Robert-Koch-Museum

Das ehemalige Robert-Koch-Museum hat eine verhältnismäßig kurze Institutionsgeschichte: Zum 100. Jahrestag der Entdeckung des Tuberkelbazillus durch Robert Koch im Jahre 1982 eröffnet, wurde es bereits 2008/2009 wieder geschlossen.

Der Großteil der Objekte stammt aus dem Nachlass Kochs, der über das Märkische Museum 1960 an die HU gegeben wurde, weshalb die Bestände des aufgelösten Museums an das Universitätsarchiv der Universität zurückgingen.

Der Nachlass umfasst etwa 300 Objekte, darunter Fotos, Dokumente wie Briefe und Notizen, sowie mikroskopische Präparate. Dieser wurde im Rahmen einer DFG-Förderung digital erfasst und ist online zugänglich.

Robert Kochs Verbindungen zu verschiedenen kolonialen Kontexten und das direkte Profitieren seiner Forschungen von diesen Macht- und Gewaltkontexten ist Gegenstand umfassender Forschungen.[1] Daher werden an dieser Stelle anhand des zugänglichen Kataloges des Nachlasses einzelne Beispiele gegeben:

Stuhlmann, Franz, Daressalam, an Koch, Robert: „Seuchensituation unter dem Viehbestand in Deutsch-Ostafrika, vor allem Texasfieber und Trypanosomennachweise im Blut von Rindern“, 03.07.1903, in: NL Koch, Robert, 2.2.1 Berufliche/wissenschaftliche Korrespondenz, Signatur 67.

Zugriff: https://www.archiv-hu-berlin.findbuch.net/php/main.php#4e4c204b6f6368x230.

Briefentwurf Koch, Robert, [o.O.][1904] an Kirchner, Martin: „[…] auf Rückreise in Deutsch-Ostafrika Kontrolle der Impfungen gegen Küstenfieber, Malariabekämpfung und Simbabwe“, in: NL Koch, Robert, 2.2.1 Berufliche/wissenschaftliche Korrespondenz, Signatur 76.

Zugriff: https://www.archiv-hu-berlin.findbuch.net/php/main.php#4e4c204b6f6368x308

„Gruppenporträt während der Expedition zur Erforschung der Schlafkrankheit in Ostafrika“, 1906, in: NL Koch, Robert, 5.3.5 Fotosammlung, Reisen, Signatur: F097.

Zugriff: https://www.archiv-hu-berlin.findbuch.net/php/main.php#4b6f63682d466f746fx247

Robert und  Hedwig Koch ‚im innerafrikanischen Urwald‘, handschriftliche Notiz Hedwig Kochs: „1897. Im innerafrikanischen Urwald in der Nähe des Kilimandscharo“, 1897, in: NL Koch, Robert, 5.3.5 Fotosammlung, Reisen, Signatur: F161. Zugriff: https://www.archiv-hu-berlin.findbuch.net/php/main.php#4b6f63682d466f746fx25.

 

Literatur:

Donath, Wolfram: Fernöstliche Verehrung für Robert Koch. Ein Tempelgong als Gastgeschenk, in: Der zweite Blick, Kunst et al., 2010, S. 69-77

Folkens, Ulrike: Sammlung des Robert-Koch-Instituts, Berlin, und weitere Koch-Nachlässe. Ein Exkurs, in: Der zweite Blick, Kunst et al., 2010, 259-260.

Hornbogen, Ute: Robert-Koch-Museum des Instituts für Mikrobiologie und Hygiene der Charité, in: Der zweite Blick, Kunst et al., 2010, S. 257-258.

Bauche, Manuela: Robert Koch, die Schlafkrankheit und Menschenexperimente im kolonialen Ostafrika, in: Freiburg Postkolonial, 2006, Zugriff: http://www.freiburg- postkolonial.de/Seiten/robertkoch.htm .

Münch, Ragnhild: Robert Koch und sein Nachlaß in Berlin. Berlin 2003.

 

Hinweis: Auf Nachfrage gab die zuständige Sammlungsleiterin Dr. Aleksandra Pawliczek u.a. aus Datenschutzgründen keine Auskunft über Publikationen oder einzelne Personen/Wissenschaftler*innen, die sich bereits explizit mit dem im Universitätsarchiv aufbewahrten Koch-Nachlass in diesem Kontext beschäftigt haben.

Das Robert-Koch-Institut bewahrt ebenfalls wissenschaftliche Korrespondenz Robert Kochs auf, einige sind mit Transkriptionen hinterlegt. Zugriff: https://edoc.rki.de/handle/176904/68.

 

[1] Vgl. neben der exemplarisch aufgeführten Literatur (s.u.) Bonhomme, Edna: When Africa was a Living Laboratory, in: Al Jazeera, 06.10.2020, Zugriff: https://www.aljazeera.com/opinions/2020/10/6/when- africa-was-a-german-laboratory/ sowie Amberger, Julia: Menschenexmperimente. Robert Koch und die Verbrechen von Ärzten in Afrika, in: Deutschlandfunk, 26.12.2020, Zugriff: https://www.deutschlandfunk.de/menschenexperimente-robert-koch-und-die-verbrechen-von-100.html.

Computer Museum am CASE

Das 2000 gegründete Computer Museum am Center for Applied Statistics and Economics (CASE) der HU Berlin an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät umfasst etwa 150 Objekte, darunter Hardware wie Rechner, Peripheriegeräte, einzelne Komponenten sowie Software und Bücher.

Ein kolonialer Kontext ist nicht vorhanden.

Karten- und Bildsammlung des Geographischen Instituts

Die Sammlung des Geographischen Instituts an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät, die auf die 1.800 Objekte umfassende und 1887 erworbene Sammlung des Geographen Carl Zöppritz (1838-1885) aus Königsberg i. Pr. zurückgeht, umfasst heute etwa 100.000 Karten und 1.000 Fotografien. Darunter fällt auch der Nachlass des Geographen und Geologen Albrecht Penck (1858-1945). Es liegt ein digitaler Katalog der Karten- und Bildsammlung vor, der online zugänglich ist (siehe relevante Links).

Letztere ist geographisch geordnet und führt in Bezug auf den afrikanischen Kontinent lediglich Fotografien aus Nordafrika auf. Diese sind zwar in einem breiten kolonialen Kontext von Interesse – so ist beispielsweise eine Fotografie der Sphinx von Gizeh um etwa 1900 aufgeführt – allerdings nicht mit Blick auf Subsahara-Afrika.

Der Katalog der Kartenwerke von 1870-1945 führt zwei Objekte auf, die eindeutig dem Fokus entsprechen: Karten von „Deutsch-Ostafrika“ und „Deutsch-Südwestafrika“ von etwa 1910 (vgl. Abb 1).

Auf die Anfrage, ob eine interne Übersicht über diese Bestände vorliegt und Kenntnis besteht, wie viele Kartenwerke einen vergleichbaren Kontext aufweisen, wurde vom zuständigen Sammlungsbetreuer bestätigt, dass eine Übersicht vorliege, es aber nicht möglich sei, weitere Informationen daraus zu ziehen.

 

Relevante Links:

Zugehörige Literatur ist nicht bekannt.

 

Heilpädagogisches Archiv

Das Heilpädagogische Archiv der HU Berlin wurde 1992 gegründet, war von 1950 bis 1992 an der Freien Universität Berlin angesiedelt und 1996 an die HU verlegt. Erst seit 2015 trägt es den „offizielle[n] Status einer Sammlung entsprechend der Sammlungsordnung der Humboldt-Universität“.[1]

Während des Zweiten Weltkrieges ging fast die gesamte Sammlung verloren. Der gegenwärtige Bestand von etwa 6.300 Schriftwerken wurde in der Nachkriegszeit aus verschiedenen Nachlässen und Schenkungen zusammengetragen.

Der Verdacht eines kolonialen Kontextes ist auf ein vom Gastprofessor für Rehabilitationssoziologie, berufliche Rehabilitation und Rehabilitationsrecht an der HU Berlin, Dr. Thomas Hoffmann, im Sommersemestern 2016 und Wintersemester 2016/17 Seminar zurückzuführen:

Unter dem Titel „Rassismus, Behinderung und die biologische Konstruktion sozialer Ungleichheit“ wurde unter Hinzunahme der Bestände des Heilpädagogischen Archivs ein „Überblick zu zentralen Begriffen und theoretischen Konzepten rassistischer Ideologie erarbeitet“[2] und der zentrierte Blick auf einzelne Ansätze und Personen der Rehabilitationswissenschaften gelenkt.

Ein Kontext wäre hier also auf Basis der wissenschaftlichen Konstruktion und Legitimation von Rassismus zu sehen, die wesentlich für den Kolonialismus gewesen ist.

 

[1] https://www.reha.hu-berlin.de/de/lehrgebiete/arp/heilpaedagogisches-archiv-1/geschichte

[2] Vgl. Ankündigungstext zum Seminar auf Moodle: https://moodle.hu-berlin.de/enrol/index.php?id=72638.

Christlich-archäologische Sammlung

Die Christlich-Archäologische Sammlung an der Theologischen Fakultät, 1849 gegründet, enthält nach bestätigter Anfrage keine entsprechenden Objekte.

Archäologische Studiensammlung und Diabestände der Ur- und Frühgeschichte

ehemals: Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte, Philosophische Fakultät, Institut für Geschichtswissenschaften, Hausvogteiplatz 5-7, 10117 Berlin

Vorbemerkung zum Lehrstuhl der Ur- und Frühgeschichte: 
Der Lehrstuhl wurde von 1902 bis zu dessen Tod 1931 von Gustaf Kossina (1858-1931) und von 1934 bis 1945 von Hans Reinerth (1900-1990) geleitet. Die beiden Archäologen praktizierten eine völkisch gesinnte, antisemitische und rassistische Wissenschaft, deren Einfluss bei der Betrachtung der zugehörigen Sammlungen zu bedenken ist.
Der Germanist und Bibliothekar Kossina wurde 1902 zum Professor für Deutsche Archäologie ernannt und begann mit dem Aufbau der Sammlung, den Reinerth während seiner Leitung des Institutes 1934 bis 1945 weiterführte. Durch kriegsbedingte Auslagerungen ging der Großteil der ehemaligen Studiensammlung verloren und wurde in den Nachkriegsjahren erneut aufgebaut.
2011 wurde der Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte aufgelöst und die Objektbestände an verschiedene Institutionen gegeben: Ein umfangreicher Teil ging an das Institut für Prähistorische Archäologie der Freien Universität Berlin, zwei Modelle an das Museum für Vor- und Frühgeschichte Berlin, sowie weitere Objekte an das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege, das Archäologische Landesmuseum in Wünsdorf sowie das Landesamt für Archäologie Sachsen. Die Dia-Sammlung verblieb an der Humboldt-Universität.


Zugehörig: Dia-Bestände der Studiensammlung der Ur- und Frühgeschichte (HU)
heute: Universitätsbibliothek, Jacob- und-Wilhelm-Grimm-Zentrum, Geschwister-Scholl-Str. 1/3, 10117 Berlin

Die Sammlung befindet sich im Rara-Bestand der Universitätsbibliothek/Grimm- Zentrum.

Die Dia-Sammlung umfasst etwa 7000 kleinformatige und etwa 7000 mittelformatige Glasdias, die katalogisiert sind, sowie Negativfilmrollen und Mikrofilme.
Ein kolonialer bzw. rassistischer Kontext ist im Katalog der mittelformatigen Dia-Sammlung zu finden, dort heißt es: „Allgemeines (Ausgrabungskunde, Landschaften, Rassenkunde, Steppenvölker, Volkskunde“. Und auch die kleinformatige Dia-Sammlung enthält Abbildungen von „Amerika/ Afrika; [sowie] Ethnogr.[afisches] Material“.
Welchen quantitativen Umfang diese Dias haben und in welcher Weise sie für die vorliegende Bestandsaufnahme relevant sind, kann aufgrund einer fehlenden Rückmeldung zu diesem Zeitpunkt nicht gesagt werden.
Auf Nachfrage hat Dr. Yong-Mi Rauch, die für den Bestand in der Universitätsbibliothek verantwortlich ist, ihn aber inhaltlich nicht betreut, nach einem überblickshaften Durchsehen der Diakästen nicht bestätigen können, dass sich diese Bestände darin befinden. Das führt sie auch auf den inhaltlichen Schwerpunkt auf den deutschen bzw. ostdeutschen Raum zurück, schließt allerdings nicht aus, dass sich bei einer detaillierten Recherche nicht noch einzelne Objekte finden lassen könnten.
Den Erhaltungszustand beschreibt sie als nicht gut.

Literatur:
Tegge, Sebastian: Die Lehrsammlung des Berliner Lehrstuhls für Ur- und Frühgeschichte, in: Archäologie. Forschung und Wissenschaft. Bd. 4; SPECTANDA Bd. 3. Wien, Berlin, Münster 2013, S. 87 – 100.

Leube, Achim: Prähistorie zwischen Kaiserreich und wiedervereinigtem Deutschland. 100 Jahre Ur- und Frühgeschichte an der Berliner Universität Unter den Linden. Bonn 2010.

Grünert, Heinz: Gustaf Kossinna (1858-1931). Vom Germanisten zum Prähistoriker. Ein Wissenschaftler im Kaiserreich und in der Weimarer Republik. Rahden, Westf. 2002.

Jeute, Gerson H.; Grönwald, Holger; Krauß, Raiko: Die Studiensammlung des Lehrstuhls für Ur- und Frühgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin. Stand der Aufarbeitung, in: Archäologisches Nachrichtenblatt, Bd. 6, 2001, S. 258-267.

 

Zugehörig: Studiensammlung der Ur- und Frühgeschichte (HU)

Nachfragen beim Lehrstuhl der FU: (praehistorische-archaeologie@geschkult.fu-berlin.de)

Die Studiensammlung des ehemaligen Lehrstuhls umfasste etwa 500 Objekte, darunter „steinzeitliche Gerätschaften und Keramikgefäße, Gipsabgüsse von Frühmenschen-Schädeln.“ Die Lehrsammlung der Ur- und Frühgeschichte der HU ist 2010 an das Institut für Prähistorische Archäologie der FU übergegangen. Sie beinhaltet über 2500 Objekte, darunter archäologische Fundstücke aus Keramik, Metall und Stein. Der Archäologe Sebastian Tegge bestätigt, dass „das Gros der Funde […] mitteleuropäischer Provenienz [entstammt]. Einige wenige Exemplare sind außereuropäischer Provenienz (Liste anbei) aus den 1950-/60-er Jahren oder jünger.“

Laut Georg Roth, der die Lehrsammlung betreut, befinden sich in der Sammlung weder Stücke aus dem subsaharischen Afrika noch Stücke aus sonstigen kolonialen Zusammenhängen. 

Geomorphologisch-Geologische Sammlung

Die Geomorphologisch-Geologische Sammlung des Geographischen Instituts an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät wurde seit 1906 vom damaligen Sammlungsdirektor Albrecht Penck (1858-1945) aufgebaut.

Ein großer Teil des Bestandes ging während des Zweiten Weltkrieges verloren, wurde jedoch im Laufe der Nachkriegszeit auch durch Schenkungen und die Sammeltätigkeit des Leiters Siegfried Martin Chrobok (1930-1999) erweitert. Die aktuelle Größe der Sammlung lässt sich online nicht entnehmen.

Katalogisierte Sammlungsstücke sind über eine Datenbank zwar online zugänglich und recherchierbar (siehe: Einordnungsdatenbank), entsprechende Objekte lassen sich jedoch nur unsystematisch zusammentragen: Wird in die Suchmaske

‚Afrika‘ eingegeben, erscheinen sieben Ergebnisse. Allerdings führt beispielsweise das einfache Durchklicken durch die Datenbank zu einem Zufallsfund eines Amphibolits aus Longa (vermutlich heutiges Angola) mit dem Zusatz „wurde von den Missionaren für Kohle gehalten“. Zum einen lässt sich dieses Objekt nicht durch die Stichwortsuche mit Afrika finden, wodurch deutlich wird, dass es keine einheitliche geographische Verschlagwortung der Objekte gibt. Zum anderen bleibt der scheinbar explizite Verweis auf eine koloniale Provenienz unkontextualisiert.

Ein weiterer zentraler Mangel der Datenbank ist das Fehlen der zeitlichen Einordnung, wann die Objekte von ihrem sogenannten „Fundort“ entnommen wurden und/oder wann sie Eingang in die geomorphologisch-geologische Sammlung der HU gefunden haben.

Ein unter der Sammlungs-ID 0030 verzeichneter Gneisgranit enthält den Zusatz „Ugogo östl. Irindi, D.O.A.“. Die wohl als Deutsch-Ost-Afrika zu entschlüsselnder Abkürzung bleibt auch durch das Fehlen einer Zeitangabe unzugänglich. Der koloniale Kontext bleibt unmarkiert.

Die beiden exemplarisch genannten Verweise („Missionare“ und „D.O.A.“) sind in der Kategorie „Entnommener Text“ verortet, was vermuten lässt, dass diese aus einer Primärquelle, alten Karteikarten o.ä., stammen. Das Fehlen einer erklärenden Fußnote macht auch diesen relevanten Kontext für unkundige Nutzer*innen schwer greifbar.

Literatur:

Ludwig, David; Weber, Cornelia; Zauzig, Oliver (Hrsg.): Das materielle Modell. Paderborn 2014.

 

Technische Universität Berlin

Geologisch-Paläontologische Sammlung des Instituts für Angewandte Geowissenschaften

Laut Auskunft des Kustos der Mineralogischen Sammlungen, Johannes Giebel, ist derzeit eine Sammlungsintegration in Arbeit. Die geologischen Teilbestände der Geologisch-Paläontologischen Sammlung werden derzeit in den Bestand der Mineralogischen Sammlungen aufgenommen. Die paläontologischen Teilbestände sind offiziell nicht verwaltet, stehen aber inoffiziell auch unter Verwaltung der Mineralogischen Sammlungen und sind dort zwischengelagert. Geplant ist, die Sammlung Stück für Stück aufzunehmen und an die paläontologische Sammlung des Museums für Naturkunde Berlin zu übergeben. Kleinere Restbestände sollen in den Lehrbetrieb des Instituts integriert werden. Bisher hat noch keine Inventarisierung stattgefunden.

Lackfilme des Fachgebietes Standortkunde und Bodenschutz

Der Sammlungsleiter Michael Facklam hat auf Nachfrage bestätigt, dass sich im Bestand der Lackfilme des Fachgebietes Standortkunde und Bodenschutz keine relevanten Objekte befinden, da diese aus Mitteleuropa und vereinzelt aus dem europäisch-mediterranen Gebiet stammen.

Historisches Archiv zum Tourismus (HAT)

Das Historische Archiv zum Tourismus baut auf einer 1986/87 an der FU von Prof. Dr. Walter Eder und Dr. Kristiane Klemm aufgebauten Sammlung auf, die – durch Ankäufe und Schenkungen stark erweitert – zwischen 1998 und 2001 von Prof. Dr. Hasso Spode neu strukturiert und  erschlossen wurde und sich seit 2012 an der TU befindet.

Der Hauptkatalog weist ca. 13.500 Titel aus, darunter Reiseführer, Reiseberichte, tourismuswissenschaftliche Studien und 250 Zeitschriften. Hinzukommen ca. 3.000 registrierte Plakate und Karten. Nicht einzeln katalogisiert sind ungefähr 50.000 Prospekte und andere Werbematerialien sowie weitere Bestände, wie Fotoalben, Tonbänder, Videos und Akten. Der zeitliche Schwerpunkt liegt im 19. und 20. Jahrhundert.

Das Katalogsystem ist nur vor Ort nutzbar; Auszüge stehen als PDF im Netz, zudem kann die gesamte Datenbank heruntergeladen und ggf. in andere Literaturverwaltungsprogramme eingelesen werden. 

Zum kolonialen Kontext verfügt das HAT über etliche Stücke, z.B. Reiseberichte aus Afrika. Neben Publikationen der Zwischen- und Nachkriegszeit wie die der Deutschen Afrika-Gesellschaft unter Herausgeberschaft von Kurt Schroeder aus den 1960er Jahren gibt es auch Objekte aus der Kolonialzeit, wie beispielsweise ein Deutsch-Südwestafrikanisches Adreßbuch 1912 mit einer Übersichtskarte des Schutzgebiets von 1912. Eine weitere exemplarische Publikation, die die Art der Bestände verdeutlicht, ist Albert Schweitzers Zwischen Wasser und Urwald. Erlebnisse und Beobachtungen eines Arztes im Urwalde Äquatorialafrikas (hier in der Veröffentlichung von C.H. Beck, 1955).

Auf Nachfrage sagte der zuständige Sammlungsbetreuer Hasso Spode aus, dass sich im Bestand ca. 100 Bände zu Südwest-Afrika/Namibia finden, worunter ca. 20 vor 1918 datieren. „Akten und Egodokumente“, also Bestände aus den noch unerschlossenen Materialien, lägen dazu „wahrscheinlich nicht“ vor. Auch die im Förderkreis tätige Kristiane Klemm konnte dazu keine weiteren Auskünfte geben, sprach aber die Einladung aus, vor Ort selbst noch einmal die Kataloge und Bestände durchzusehen.

 

Literatur:

Hachtmann, Rüdiger: 600 Regalmeter Tourismus. Wiedereröffnung des Historischen Tourismus-Archivs an der TU Berlin, in: Zeitgeschichte-online, 2013, https://zeitgeschichte- online.de/kommentar/600-regalmeter-tourismus

Spode, Hasso: Neueröffnung des Historischen Archivs zum Tourismus, in: H-Soz-Kult, 2012, https://www.hsozkult.de/text/id/texte-1950.

Arthur Langerman Archiv für die Erforschung des visuellen Antisemitismus (ALAVA)

Die Sammlung des Holocaust-Überlebenden Arthur Langerman ging im Jahr 2019 als Schenkung an das Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung der TU. Langerman trug als Privatperson über einen Zeitraum von 60 Jahren einen umfassenden Bestand zur Dokumentation des visuellen Antisemitismus zusammen.

Der Bestand besteht aus über 10.000 Objekten, davon etwa ein Drittel Postkarten. Darüber hinaus finden sich Skizzen, Plakate, Flugblätter, Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Objekte der Bildenden Künste, sowie Alltagsgegenstände wie Gehstöcke oder Tabakpfeifen.

Auf Nachfrage hat der wissenschaftliche Sammlungsleiter Carl-Eric Linsler bestätigt, dass sich im Bestand einzelne Objekte befinden, die „Mischformen von Antisemitismus und kolonialem Rassismus abbilden“, er schätzt den Umfang auf maximal 50 Stücke. Aufgrund der bisher noch nicht vollständig durchgeführten Erfassung und Katalogisierung der Datenbank sei eine systematische Abfrage aktuell nicht möglich.

Falls gewünscht, könne Linsler die Bestände händisch noch einmal mit diesem Fokus durchsehen.

Weitere Schritte müssen hier diskutiert werden, da die Bestände in keinem direkten Zusammenhang mit der kolonialen, rassistischen Universitätsgeschichte stehen.

Herbarium und Paläobotanische Sammlung

Das Herbarium der TU (BTU) ist eine junge Sammlung von etwa 20.000 Einzelstücken/specimen, die maßgeblich auf die Forschungs- und Sammelaktivitäten des Ehepaars Dietrich und Ute Müller-Doblies in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zurückgeht. Dabei wurden 21 Forschungsreisen in die Alpen, nach Südfrankreich, Spanien, Italien, Griechenland und Marokko, aber auch nach Südafrika durchgeführt und 1.600 „Fundorte“ besucht.

Ein Teilbestand umfasst die sogenannte Liliifloren-Sammlung, die seit 1972 auf Reisen erweitert wurde, mit über 8.300 Akzessionen. Darunter fallen auch Liliifloren des südlichen Afrikas.

Aufgrund der umfangreichen Forschungsreisen, die auch in das südliche Afrika führten, ist ein kolonialer Kontext bzw. eine koloniale Sammlungspraxis in Apartheid Südafrika nicht auszuschließen. Der Informationstext, der sich auf der Seite der Universitätssammlungen findet, enthält eine nicht weiter kontextualisierte Passage, die diese Vermutung nährt:

„Wichtigste Erfahrung der ersten 19 Geländetage in Südafrika, die erst langsam heranreifte: es konnten etwa 20 interessante Amaryllidaceen-Arten gesammelt werden, aber bei der Bestimmung konnten die südafrikanischen Botaniker in vielen Fällen nicht helfen. Bei den Untersuchungen in Südafrika mussten Dietrich Müller-Doblies und die anderen Forscher feststellen, dass viele Arten erst beschrieben werden mussten, ehe morphologische Ergebnisse veröffentlichen werden konnten.“

(siehe unter Geschichte: http://www.universitaetssammlungen.de/sammlung/564)

1986 wurde die Paläobotanische Lehrsammlung in das Herbarium übertragen. Der regionale Schwerpunkt dieser Bestände liegt wohl im Mitteleuropäischen Raum, weitere Stücke sind durch Übertragung anderer Forscher*innen hinzugekommen, darunter auch über Dr. John Anderson (Botanical Research Institute, Pretoria, Südafrika).

Über den Verbleib der Sammlung ist keine eindeutige Information zu finden. Laut Index Herbariorum des New York Botanical Gardens ist das Herbarium nicht mehr existent, Dietrich Müller-Doblies seit vielen Jahren pensioniert. Allerdings befinde sich die Sammlung noch unter seiner Aufsicht.[1]

Das Fachgebiet Botanik/ Morphologie, Systematik und Pflanzengeographie wurde in den frühen 2000er Jahren aufgelöst (und es findet sich auch der Verweis, dass der Mietvertrag für ein für die Sammlung genutztes Gebäude der TU 2012 ausgelaufen sei), und es findet sich aufseiten der TU kein Verweis auf den Verbleib der Sammlung. Angeblich soll die ehemalige Paläobotanische Lehrsammlung in einen privaten Sammlungsraum in der Gemeinde Spreewaldheide gekommen sein (siehe: http://www.universitaetssammlungen.de/ sammlung/728). Weitere Informationen liegen gegenwärtig nicht vor.

 

Literatur:

Aufgrund der umfangreichen Forschungstätigkeit der Müller-Doblies‘ gibt es umfassende Literatur zu den Beständen des Herbariums. Inwieweit diese für den vorliegenden Kontext relevant ist, ist unklar.

Müller-Doblies, Dietrich: Die lebende Liliiflorensammlung der BTU, S. 83-84, und: Müller-Doblies, Dietrich: Das Herbarium der BTU, S. 89-90, in: Die Sammlungen und Kunstdenkmäler der Technischen Universität Berlin. Hrsg. von Fricke, Manfred. Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin 1991, S. 89-90

 

[1] Vgl. Index Herbariorum: http://sweetgum.nybg.org/science/ih/herbarium-details/?irn=126129.

Architekturmuseum

Das Architekturmuseum wurde 1885 auf Initiative des Architekten und Professors Julius Raschdorff (1823-1914) an der damaligen Technischen Hochschule in Charlottenburg gegründet. Die Sammlung wuchs über die Jahrzehnte an und umfasst(e) historische Fotografien, Entwurfswettbewerbe wie den „Schinkelwettbewerb“ und zahlreiche Nachlässe mit Zeichnungen, Manuskripten, Fotografien und Lichtpausen. Ein Teil des Bestandes wurde während des Zweiten Weltkrieges zerstört, die Sammlung wurde nach 1945 jedoch erneut maßgeblich erweitert.

Im Bestand des Architekturmuseums befinden sich keine Objekte direkter kolonialer Provenienz. Allerdings sind Zeichnungen Ferdinand Alexander von Quasts aufbewahrt, die als Sujet Landschaften und Menschen aus außereuropäischen Regionen, zum Teil auch aus dem afrikanischen Raum haben. Der koloniale Kontext ist hier ein indirekter: Von Quast fertigte die Blätter als Durchzeichnungen anderer Künstler an, er selbst war also mit den abgebildeten Subjekten nicht direkt in Berührung gekommen. Allerdings bedingt der Kolonialismus die Entstehung der Originalzeichnungen in the first place, weshalb dieser Bestand als Sammlung mit kolonialem Kontext aufgeführt wird.

Lehr- und Forschungsgarten

Die Sammlungsleiterin Dr. Birgit Seitz hat auf Nachfrage bestätigt, dass sich im Bestand des Lehr- und Forschungsgartens aufgrund des Schwerpunktes auf heimische Pflanzen keine relevanten Objekte befinden.

Sammlung des Instituts für Geodäsie und Geoinformationstechnik

Entgegen der Informationen auf der Website der Universitätssammlungen ist die Instrumentensammlung des Instituts für Geodäsie nicht verschollen, sondern befindet sich weiterhin im Besitz der TU. Einen kolonialen Bezug haben die Objekte laut Aussage des Technischen Mitarbeiters und Vermessungsingenieurs Dr. Andreas Fuls nicht.

Allerdings zeigen mindestens zwei Personen, die mit der Lehre und dem Institut an der ehemaligen Landwirtschaftlichen und späteren Technischen Hochschule Berlin verbunden waren, direkte koloniale Biografien auf:

Professor Dr. Max Lange (1874-1944) war in Erfurt geboren und studierte bis 1896 an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin, um anschließend dort als Assistent für mehrere Jahre zu arbeiten. Als Beamter führte er von 1900 bis 1902 in Deutsch-Ost-Afrika geodätisch-topographische Aufnahmen durch. Diese führte er als Selbstständiger bis 1914 fort, um an dem Straßenbau zwischen Mombo und Wilhelmstal mitzuwirken. Als Assistent und später als Dozent wirkte er beim Wechsel des geodätischen Studiums von der Landwirtschaftlichen zur Technischen Hochschule Berlin mit. 1933 ist er zum Honorarprofessor ernannt worden.

Ein weiterer Hinweis zum kolonialen Afrika ist bei Professor Dr. phil. Erich Karl Wilhelm Brennecke (1885-1967) zu finden. Er studierte von 1912 an Mathematik, Geodäsie, Astronomie und Philosophie an den Universitäten in Leipzig und Berlin sowie an der Technischen Hochschule Berlin. Sein Studium wurde zwischen 1914 und 1919 durch Kriegseinsatz unterbrochen, konnte aber 1921, er war damals Regierungs-Landmesser, seine Promotion zum Thema "Kritische Untersuchung über eine Triangulation in Deutsch-Südwest-Afrika (Swakopmund-Gobabis)" beenden. Er wurde einige Jahre später am 1.4.1928 Inhaber des Lehrstuhls für Geodäsie und Vermessungskunde an der Technischen Hochschule Berlin.

Inwieweit die Erkenntnisse dieser kolonialen Forschungen in die universitäre Lehre einflossen, wurde bisher noch nicht untersucht.

Charité - Universitätsmedizin Berlin

Sammlung am Centrum für Anatomie

Die Sammlung geht auf das von Johann Gottlieb Walter (1734-1818) und Friedrich August Walter (1764-1826) aufgebaute Anatomische Museum zurück, das 1803 an den Preußischen Staat verkauft wurde. Nach Gründung der Berliner Universität 1810 ging die Sammlung ebenfalls in deren Besitz über und wurde in den folgenden Jahrzehnten von Karl Asmund Rudolphi (1771-1832) und Johannes Müller (1801-1858) von etwa 7.200 auf fast 20.000 Objekte erweitert. Die Umbenennung in Anatomisch-zootomisches Museum verdeutlicht die Erweiterung des Sammlungsfokus‘.

1876 wurde der zu diesem Zeitpunkt sehr heterogene Bestand aufgeteilt, wobei nur etwa 2.000 Objekte in der hier benannten Sammlung verblieben. 1883 übernahm Prof. Heinrich Gottfried Wilhelm von Waldeyer-Hartz (1836-1921) die Leitung, in den folgenden Jahren wurde die Sammlung u.a. um die sogenannte ‚Rasseschädelsammlung‘ erweitert (vgl. dazu auch Isabelle Reimann).

Über die weitere Genese der Sammlung und dem Umgang mit den Beständen lässt sich online kein Verweis finden.[1]

In der online Präsentation der Sammlung auf der HU-Plattform sind 381 Objekte verzeichnet, die teilweise koloniale Kontexte vermuten lassen. Darunter fällt ein Diakasten mit Diapositiven von so betitelten ‚Chinesinnenfüßen‘ von Hans Virchow, Sohn Rudolf Virchows, datiert auf das Jahr 1911 (siehe z.B. diesen Diakasten). Als katalogisierter ‚Herstellungsort‘ ist Berlin angegeben. Weitere Informationen, diedie Entstehung der Aufnahmen kontextualisieren würden, sind nicht gegeben.

Zugehörig: Gynäkologische Sammlung, Beckensammlung

Der Sammlungsbestand, der 1990 an das damalige Institut für Anatomie übergeben wurde, besteht aus Beständen der 1817 gegründeten Entbindungsanstalt und ambulatorischen Klinik für Frauenkrankheiten und die Universitäts-Frauenklinik. Die Beckensammlung der Frauenklinik wurde unter der Leitung von Walter Stoeckel (1871-1961) zwischen 1926 und 1950 auf über 100 Objekte erweitert, ein Teil ging während des Zweiten Weltkrieges verloren. Heute umfasst der zum Teil neuaufgebaute Bestand etwa 85 Beckenpräparate.

Zur gewaltvollen Kolonialität der medizinischen Disziplin der Gynäkologie im US- amerikanischen Kontext liegen bereits vereinzelte Publikationen (s.u.).

Exemplarisch ist hier auch auf die Künstlerin Doreen Garner (b. 1986) zu verweisen, die dieses Thema in ihrem Werk Known But To God: The Dug Up, Dissected, and Disposed for the Sake of Medicine von 2017 aufgreift.[2]

Inwieweit ein entsprechender Hintergrund in der europäischen und der Berliner Gynäkologie vorliegt, muss weiterführend auch mit der verfügbaren Literatur (s.u.) erarbeitet werden.

Weiterführende Literatur (US-Amerikanischer Kontext):

Cooper Owens, Deirdre: Medical Bondage. Race, Gender, and the Origins of American Gynecology. University of Georgia: 2017.

Washington, Harriet A.: Medical Apartheid. The Dark History of Medical Experimentation on Black Americans from Colonial Times to the Present. Doubleday: 2007.

Literatur zur Berliner Sammlung:

Schmidt, Gösta: Die Entwicklung der Kliniken für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Berlin-Charlottenburg und am ehemaligen Rudolf-Virchow-Krankenhaus von der städtischen Einrichtung bis hin zur Universitätsklinik. Eine medizinhistorische Darstellung. Dissertation, Berlin 2002.

Issmer, Renate: Zur geschichtlichen Entwicklung der Universitäts-Frauenklinik Berlins. Dissertation, Berlin 1960.

Kraatz, Helmut: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Universitäts-Frauenklinik Berlin, in: Zeitschrift für ärztliche Fortbildung, Bd. 54, Heft 9, 1960, S. 450-465.

Paszkowski, Wilhelm: Klinisches Institut für Frauenkrankheiten und Geburtshilfe, in: Berlin in Wissenschaft und Kunst. Ein akademisches Auskunftsbuch nebst Angaben über akademische Berufe. Hrsg. von Paszkowski, Wilhelm: Berlin 1910, S. 49.

 

[1] Zur Chronologie der Sammlung bis etwa 1917 vgl. https://www.sammlungen.hu- berlin.de/sammlungen/sammlung-am-centrum-fuer-anatomie/

[2] Vgl. die Präsentation der Werke auf der 7. Athens Biennale Eclipse, 2021: https://eclipse.athensbiennale.org/en/artists/doreen-garner.

Sammlung Alte Arzneimittel

Die Sammlung steht in einer Tradition zur früheren Charité-Apotheke, welche bereits 1763 gegründet wurde und die ebenfalls Arzneimittelrückgaben vorsah. Die heutige Sammlung wurde 1986 begründet und es stammen die meisten Fertigarzneimittel der Ursprungs-sammlung aus den 1950er und -60er Jahren, inzwischen reichen die ältesten Objekte in die Zeit um 1900 zurück.

Die Sammlung wird von der Apothekerin Eva-Maria Flegel betreut, die den Bestand gezielt erweiterte. Die Objekte stammen überwiegend aus Rückgaben der Charité- und externer Kliniken oder Praxen. Laut Frau Flegel lassen sich in der Sammlung Alte Arzneimittel keine Bezüge zur kolonialen Vergangenheit herstellen.

Literatur:

Vgl. Beitrag von Flegel, Eva-Maria: Sammlung Alte Arzneimittel, in: Der zweite Blick, Kunst et al., 2010, S. 267-268.

Medizinhistorisches Museum (BMM)

Als Institution, die eng mit der Lehre und Forschung von Rudolf Virchow verknüpft ist, verfügt das Medizinhistorische Museum der Charité tatsächlich über Überreste von Menschen, die unter kolonialen Bedingungen beschaffen wurden, ja sogar in manchen Fällen geraubt oder aus geschändeten Gräbern extrahiert wurden. Dieser Kontext – sowie die Entwicklung von Theorien der "Rassen-Hygiene" und die Teilnahme von Forschenden der Charité an menschenverachtenden Studien in der national-sozialistischen Zeit –  ist in der Dauerausstellung thematisiert. Die Kurator*innen der Dauerausstellung schreiben im Fall von Virchows Position zu kolonialen Ideen:

Als Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften und der Berliner Gesellschaft für Anthropologie (BGAEU) ermutigt und beauftragt Virchow Forschungsreisende, aus Kolonien auch Menschliche Überreste mitzubringe. Sammlungs- und Erwerbeskontexte, die wir heute als schweres Unrecht ansehen, nimmt Virchow in seiner Zeit nicht als problematisch wahr.

Die Geschichte der Bestände des Museums ist eng mit der der damals anthropologischen Sammlung des Museums für Völkerkunde verknüpft, die 1924 dem pathologischen Institut der Charité überwiesen wurde und Ende 2011 der Stiftung Preußischer Kulturbesitz übergegeben.

Diese engen Verwicklungen zeigt die Forschung von Holger Stoecker anhand Fotos und Überreste von Menschen aus dem heutigen Tansania, damals Deutsch-Ost-Afrika:

Darüber hinaus erwarb [der Stabarzt Frierich] Fülleborn „auf Expeditionen und Kriegszügen“ gegen die [Wa]Hehe [...] und andere Gemeinschaften etwa „fünfundzwanzig Schädel, zwei ganze Skelette, acht Köpfe in Formalin, sieben Gehirne und eine Anzahl Eingeweide-Präparate“. Die Fußnote informiert: „Die Provenienz eines Teils dieser menschlichen Überreste wurde 2018/19 am Berliner Medizinhistorischen Museum der Charité erforscht; ihre Rückführung nach Tansania wird gegenwärtig vorbereitet. Der Verbleib der fotografierten Köpfe bzw. der von ihnen präpartierten Schädel konnte jedoch nicht geklärt werden.

In ihrem Bericht über die Präsenz von human remains in Berliner Institutionen schreibt Isabelle Reimann ausführlich über die Geschichte der Sammlung des Instituts für Anatomie der Charité:

Die Geschichte der Berliner Anatomie beginnt im Jahr 1713 mit der ersten Professur für Anatomie und dem Anatomischen Theater in den Räumen der Societät der Wissenschaften im Königlichen Marstall in der Charlottenstraße (heute Gelände der Staatsbibliothek »Unter den Linden«). Die 1803 vom Preußischen König angekaufte, von Johann Gottlieb Walter zusammengetragene anatomische Privatsammlung von etwa 3.000 Präparaten, wurde bis 1833 zu einem »Anatomisch-Zootomischen Museum« ausgebaut. Hier war der erste Universitätsprofessor für Anatomie, Karl Asmund Rudolphi federführend, um die Sammlung zu Schau-, Lehr- und Forschungszwecken auszubauen. In der Folgezeit wuchs die Sammlung stark an. Beim Auszug aus dem Universitätshauptgebäude 1884 wurden ihre 26.358 Präparate auf mehrere Einrichtung aufgeteilt. Neben einer Schädelsammlung [...] gelangten etwa 1.000 Präparate in das neue Gebäude des seinerzeit von Karl Reichert und ab 1883 von Wilhelm Waldeyer geleiteten Instituts für Anatomie. Die restlichen Bestände wurden »unter anderem an Zoologie und Pathologie abgegeben.« In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts sammelte auch der forschende Pathologe Rudolf Virchow menschliche Präparate aus dem Sektionsbetrieb seines Instituts an der Charité. Durch seine zentrale Position in der BGAEU und sein allseits bekanntes Forschungsinteresse bekam er auch außereuropäische menschliche Überreste zugesandt.

Und hier der Stand der Bestände aus ehemaligen kolonialen Territorien am Zeitpunkt der Publikation des Berichts von Decolonize Berlin e.V. (Februar 2022):

Tansania (Wahehe, Wapangwa, Wambugu, Maasai, Iraq): 17

Äthiopien: 1

Mosambik (Mang'anja/Nyanja, Monyalo): 2

Ruanda (Mtutsi, Rwanda): 2

Südafrika (»K*****«, Xhosa, Zulu, Mfengu, San, Gaika [wahrscheinlich Ngiqka]): 8

Namibia (Damara, Ovambo): 3

Togo (Ntcham): ?

Cameroon (Bandeng, heute Mankon): 2

Liberia? (Kru): 2

Kongo: 1

Ozeanien (French Island, Solomons Islands, Mangaia, Tahiti, Admiralty Islands, Jap.Caroline Island): 10

unklare Herkunft: 8

Insgesamt 58

Bestandsübersicht:

Vollständig erfasst, zum Großteil Provenienz erforscht. [Reimann fügt zu: „Der heutige Bestand menschlicher Überreste aus kolonialer Aneignung in der Charité ist sehr speziell, da es sich um einen Teil der vor 2011 gemeinsam gelagerten Charité- und S-Sammlung handelt. Als der Großteil der anthropologischen Sammlungen 2011 abgegeben wurden, verblieben an der Charité knapp 300 Gebeine aus kolonialen Kontexten. Dabei handelte es sich insbesondere um jene, zu welchen seinerzeit Repatriierungsanfragen vorlagen.“]

Liste der Provenienzforschungsprojekte:

  • 2010–2013: Charité Human Remains Project
  • 2014: Bericht zu Aboriginal Ancestral Remains u. a. in der Charité von Cawthorn, beauftragt von der australischen Regierung
  • 2016–2019: Provenienzforschung zu ca. 120 menschlichen Überresten aus Neuseeland/Aotearoa in der »S-Sammlung« und der anatomischen Sammlung der Charité durch Andreas Winkelmann, Sarah Fründt und Holger Stoecker.
  • 2018–19: Fritz Thyssen Stiftung geförderte Forschung von Stoecker & Fründt zu Human Remains afrikanischer Herkunft

Stand Repatriierungen (Jahreszahl: repatriierte Ahnen):

  • Namibia (2011: 20; 2014: 21; 2018: 17)
  • Paraguay (2012: 1)
  • Australien (2013: 33; 2014: 14 + 1 [nach Tasmanien]; 2017: 1)
  • Neuseeland/Aotearoa (2019: 109)

Das Museum war 2022 zusammen mit dem Deutschen Zentrum Kulturgutverluste und ICOM Deutschland Co-Herausgeber einer Publikation zu Methoden der Provenienzforschung betitelt: “Interdisziplinäre Provenienzforschung zu menschlichen Überresten aus kolonialen Kontexten: Eine methodische Arbeitshilfe”. Der Band bietet eine praktische Einführung in die Provenienzforschung zu menschlichen Überresten aus kolonialen Kontexten. Sie fokussiert auf deutsche Institutionen und adressiert vor allem anthropologische, anatomi- sche und medizinhistorische Sammlungen menschlicher Überreste in Universitätssammlungen.

Für mehr Informationen siehe die Arbeit von Isabelle Reimann im Bericht We Want Them Back von Decolonize Berlin e.V. Die Untersuchung der Provenienz und Repatriierung von Gebeinen von Herero-Ahnen ist auch Gegenstand der Ausstellung „Charité im Nationalsozialismus und die Gefährdungen der modernen Medizin“, kuratiert von Dr. Judith Hahn und Laura Hottenrott vom Institut für die Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin.

Literatur:

Decolonize Berlin e.V.: We Want Them Back: Wissenschaftliches Gutachten zum Bestand menschlicher Überreste/Human Remains aus kolonialen Kontexten in Berlin, 2022.
Deutsch: https://decolonize-berlin.de/wp-content/uploads/2022/02/We-Want-Them-Back_deutsch-web.pdf 
English: https://decolonize-berlin.de/wp-content/uploads/2022/02/We-Want-Them-Back_english-web.pdf

Holger Stoecker: En face und en profil. Fotografische Porträts toter Afrikaner für die Berliner Academia, in: Fotogeschichte 41, Heft 162, 2021, Themenheft: Den Blick erwidern. Fotografie und Kolonialismus, S. 63-69. https://www.fotogeschichte.info/bisher-erschienen/hefte-ab-150/162/

Thomas Schnalke: Human turn? Zum Umgang mit Präparaten der universitären Sammlung der Charité im Berliner Medizinhistorischen Museum. In: Unmittelbarer Umgang mit menschlichen Überresten in Museen und Universitätssammlungen. Stimmen und Fallbeispiele, herausgegeben von Sandra Mühlenberend, Jakob Fuchs und Vera Marušić, Dresden, 2018, S. 134–140.

 

Sammlung von Artikulatoren

1884 wurde das erste Zahnärztliche Institut der Berliner Universität gegründet und Carl Sauer (1835-1892) zum Professor für Zahnärztliche Prothetik ernannt. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch mit dem Aufbau der Sammlung begonnen, die Objekte zur Simulation der Bewegungsabläufe des Kiefergelenks enthalten.

1910 erhielt das Institut einen eigenen Neubau in der Invalidenstraße und wurde von 1907 bis 1942 von Hermann Schröder (1876-1842) geleitet. Nach der Fusion der beiden Zahnkliniken Mitte (Invalidenstraße) und Nord (Föhrer Straße am Virchow Klinikum) wurde das Institutsgebäudes Ende der 1990er Jahren für den Studiengang Humanmedizin, für die Fortbildung innerhalb der Anästhesiologie  sowie für Verwaltungsaufgaben genutzt. Die Artikulatorensammlung wurde damals verpackt und  am Standort Nord gelagert.

Nach der zweiten Zahnklinik-Fusion wurde auch der Standort Nord umgewidmet, er beherbergt jetzt ein Forschungsinstitut für regenerative Medizin. Seit 2008 ist die Zahnklinik „SÜD“ in der Aßmannshauser Straße die einzige Universitäts-Zahnklinik in Berlin. Dieser Außenstandort in Wilmersdorf gehört offiziell zum Campus Benjamin Franklin der Charité. Die ursprüngliche Artikulatorensammlung wurde mit einer ähnlichen Sammlung in der Aßmannshauser Straße vereint und auf seine Intervention hin dem Medizinhistorischen Museum an der Charité mit der Maßgabe übergeben, dass jederzeit Einzelstücke zum Zwecke der Lehre und Ausstellung in den Zahnklinik-Vitrinen ausgeliehen werden können.

Im Medizinhistorischen Museum wurde begonnen, die Sammlung zu inventarisieren und zu katalogisieren.

Literatur:

Blankenstein, Felix: 110 Jahre Zahnärztliches Institut Berlin 1884-1994. Festschrift. Quintessenz: Berlin 1994.

Historische Instrumentensammlung (Johannes-Müller-Institut für Physiologie)

Durch die Ernennung Emil Heinrich Du Bois-Reymonds (1818-1896) zum Professor der Physiologie 1855 wurde der physiologische Apparat vom Anatomischen Museum getrennt, und 1877 in eigene Institutsgebäude verlagert. Wie und ob die Sammlung insbesondere zu Beginn des 20. Jahrhunderts erweitert wurde, ist den online verfügbaren Informationen nicht zu entnehmen. 1977 wurde sie erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Beate Kunst fasst den Bestand so zusammen: Die Sammlung „umfasst Gerätschaften und Registrierapparate, die Berliner Physiologen speziell für die Testung, Messung und Erforschung von Körper- und Organfunktionen entwickelten. Ein sehr bedeutendes Stück ist ein früher Augenspiegel von Hermann von Helmholtz (1821-1894). Die Sammlung wird betreut, es ist aber nur ein sehr kleiner Teil ausgestellt.“ (Kunst, 2021)

Links zur Sammlungspräsentation:

https://medphysiol.charite.de/ueber_das_institut/instrumentensammlung/

https://www.sammlungen.hu-berlin.de/objekte/historische-physiologische-instrumentensammlung/ (hier sind 109 Objekte verzeichnet).

Katalog:

Historische Instrumentensammlung. Johannes-Müller-Institut für Physiologie. Medizinische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin: 2000.

Literatur:

Vgl. Beitrag von Bartsch, Peter: Instrumentensammlung des Johannes-Müller-Instituts für Physiologie,, in: Der zweite Blick, Kunst et al., 2010, S. 253-255.

Kunst, Beate: Die Sammlungen der Charité-Universitätsmedizin Berlin, in: Hypotheses, Digitales Netzwerk Sammlungen, 04.11.2021, Zugriff: https://dns.hypotheses.org/112.

Bogusch, Gottfried; Kunst, Beate; Schnalke, Thomas (Hrsg.): Der zweite Blick. Besondere Objekte aus den historischen Sammlungen der Charité. De Gruyter: Berlin 2010. [https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110226973/html]

 

Sammlung des Instituts für Rechtsmedizin

Die Sammlung geht auf die Unterrichtsanstalt für Staatsarzneikunde zurück, die 1914 etwa 1.800 Präparate und Fotografien umfasste, und 1930 unter Victor Müller-Heß (1883-1960) zum Institut für Gerichtliche Medizin der Berliner Universität wurde.

Über die genaue Genese und Erweiterung der Bestände ist online keine Information vorhanden. Die historischen (nicht mehr existenten) und aktuellen Präparate stamm(t)en aus der gerichtsärztlichen/rechtsmedizinischen Routine in Berlin und Umgebung.

Das Institut fusionierte 2003 mit der FU Berlin zum Institut für Rechtsmedizin der Charité. Die Sammlung umfasst heute etwa 200 pathologisch-anatomische Feucht- und Trockenpräparate, sowie Instrumente und Utensilien zu Drogenmissbrauch und Abtreibungen. In den überschaubaren Beständen der Sammlung sind Dr. Sven Hartwig zufolge keine Human Remains aus kolonialen Kontexten enthalten. Die Sammlung ist der Öffentlichkeit nicht zugänglich, und wird lediglich zur Lehre oder nach Vereinbarung für spezielle Aus- und Weiterbildungen genutzt.

 

Literatur:

Vgl. Beitrag von Geserick, Gunther: Sammlung des Instituts für Rechtsmedizin, in: Der Zweite Blick, Kunst et al., 2010, S. 265-266.

Wirth, Ingo; Strauch, Hansjürh; Radam, Georg: Das Berliner Leichenschauhaus und das Institut für Gerichtliche Medizin 1886-1986. Wissenschaftliche Schriftenreihe der Humboldt - Universität zu Berlin, Berlin 1986.